Begründung:

Die Grundsteuer ist bei den Steuern mit über 14 Mrd. Euro die zweitwichtigste Einnahmequelle der Kommunen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 10.04.18 die derzeit praktizierte Werteermittlung für die Grundsteuer als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Hauptkritikpunkt war, dass die zugrunde gelegten Werte die tatsächlichen Wertentwicklungen nicht mehr in ausreichendem Maße widerspiegeln, weil die aktuell geltenden Einheitswerte in den „alten Bundesländern“ seit 1964 und in den „neuen Bundesländern“ sogar seit 1935 nicht mehr fortgeschrieben wurden. Spätestens bis zum 31.12.2019 muss der Gesetzgeber eine Neuregelung treffen, die eine realitätsgerechte Besteuerung, auch im Verhältnis der Grundstücke zueinander, gewährleistet. Für die administrative Umsetzung hat das Bundesverfassungsgericht eine Frist bis zum 31.12.2024 gesetzt.

Der vom Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgelegte ursprüngliche Gesetzentwurf basiert auf einem Eckpunktepapier, dem 15 von 16 Bundesländern zugestimmt haben. Er enthält eine verfassungskonforme Lösung, die durch die Beibehaltung des Hebesatzrechtes für die Kommunen eine aufkommensneutrale Gestaltung möglich macht. Der Entwurf ist ohne großen bürokratischen Aufwand umsetzbar. Er gewährleistet die vom Bundesverfassungsgericht geforderte „realitätsgerechte Bewertung“ in „Relation der Wirtschaftsgüter zueinander“, spiegelt also die realen Werte wider und ist somit gerecht.

Für die Länderöffnungsklausel, die Bayern jetzt einen Sonderweg eröffnen soll, ist eine Grundgesetzänderung mit 2/3 Mehrheit nötig. Wie die Verhandlungen mit den anderen 15 Bundesländern und den Bundestagsfraktionen zeigen, ist eine Einigung nicht sicher. Das gefährdet die rechtzeitige Verabschiedung der Grundsteuerreform zusätzlich. Die CSU nimmt in Kauf, dass die Grundsteuer und damit die zweitwichtigste Einnahmequelle für die Kommunen in Bayern wegfällt. Das Flächenmodell führt zudem im Ergebnis dazu, dass Immobilien, die zwar ähnliche Flächen aufweisen, sich aber im Wert deutlich unterscheiden (Bsp.: EFH in Mü-Obermenzing und einem EFH in Mauern oder im Bayrischen Wald), gleich bewertet würden. Das ist nicht nur sozial ungerecht, es widerspricht auch den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hatte festgehalten, dass die Grundsteuer die Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abbilden, die unterschiedliche Wertentwicklung also widerspiegeln müsse. Hierzu werden die Einheitswerte nach den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes neu ermittelt; die Höhe des Einheitswertes basiert auf dem Grundstückswert, der zugleich den Bodenwert, den Gebäudewert und den Wert der Außenanlagen umfasst (Urteil BVerfG.-Urteil, S 6-8).

Die Länderöffnungsklausel verursacht zudem zusätzlichen Bürokratieaufwand; Der Freistaat Bayern müsste jedes Grundstück zweifach und nach unterschiedlichen Kriterien bewerten. Denn nach dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf darf die Länderöffnungsklausel nicht zulasten des Länderfinanzausgleichs und der anderen Bundesländer gehen. In Bayern müssen die Finanzbehörden also doppelten Aufwand betreiben: Sie müssen die Grundlage für die Bewertung nach dem von der CSU angestrebten Flächenmodell liefern. Zugleich müssen sie aber die Daten dafür zur Verfügung stellen, wie die Grundsteuer ausfiele, wenn sie nach dem im übrigen Bundesgebiet geltenden Gesetzen ermittelt würde. Denn nur diese Berechnung ist Grundlage für den Länderfinanzausgleich, in dem alle Länder gleich behandelt werden müssen. Sollte sich im Rahmen dieser Berechnungen ergeben, dass die in Bayern tatsächlich erhobene Grundsteuer geringer ausfällt als nach der bundesweiten Regelung, müsste diese Differenz im Rahmen des Länderfinanzausgleichs ausgeglichen werden – über das allgemeine Steueraufkommen in Bayern. Die CSU entlastet also Grundvermögen zulasten der breiten Mehrheit der Bevölkerung.

Die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieter, wie sie nach Betriebskostenverordnung derzeit noch möglich ist, muss gestrichen werden. Anders als die weiteren Betriebskosten für Wasser, Abwasser, Heizung und Warmwasser, Müllentsorgung usw. kann die Höhe der Grundsteuer, die für ein Grundstück oder eine Wohnung anfällt, vom Mieter nicht beeinflusst werden, weil sie völlig unabhängig von seiner individuellen Nutzung der Wohnung anfällt. Die Betriebskostenverordnung ist kein vom Bundestag beschlossenes Gesetz. Sie kann daher von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates geändert werden. Eine entsprechende Bundesratsinitiative Bayerns würde zur Entlastung von Mieterinnen und Mieter beitragen.

Mit freundlichem Grüßen

Josef Heldeisen

   
© SPD Grafrath